Brathendl mit Risi-Bisi und Gurkensalat
Nun ist der neununddreißigste offizielle Tag der Ausgehbeschränkung in Wien. Ich schreibe Rezeptidee Nr. 77. Ich stehe an der Straßenbahnhaltestelle. Neben mir eine Dame, die mich plötzlich anspricht: "Jö, schön, dass wir uns endlich wieder sehen! Wie geht es Dir?"
Ich denke scharf nach, während ich in die Augen meines Gegenübers schaue. Oh Gott, woher kennen wir uns? Oft passiert es mir, dass ich auf der Straße Menschen treffe, die mich freundlich grüßen und ich im Moment nicht weiß, woher ich die Person kenne. Durch meinen Job kennen mich auch wesentlich mehr Leute, als ich sie. Meistens erinnert man sich nur an die ganz Lieben, die Lästigen, die Ausgeflippten oder die Nörgler.
Die Dame hinter der Maske beginnt zu plaudern. Über Corona, über ihren Mann, der arbeitslos ist, über ihre beiden Kinder die Homeschooling haben. Langsam reime ich mir aus den Geschichten ein Bild zusammen. Mein Menschenscanner in mir arbeitet auf Hochtouren. Sie erzählt von ihrer Katze, die schon ganz genervt ist, weil alle in der kleinen Wohnung in Floridsdorf zusammenpicken. Aja, der Groschen ist gefallen. Jetzt weiß ich, woher wir uns kennen.
Ich habe nicht direkt mitgezählt, aber an den vorbeihuschenden Schatten hätte ich rund 7 Straßenbahnen, im 5-Minutentakt fahrend, erkannt, die ich abfahren lies um unser angeregtes Gespräch nicht zu unterbrechen. Es tut wirklich gut, sich endlich mit jemand Bekannten auszutauschen und langsam erkenne ich die maskengedämpfte Stimme wieder. Wir sprechen über Corona, unsere Ängste und Sorgen. Wirtschaftlich kann ich momentan ohnehin nur sagen, dass wir 100 %igen Ausfall haben, ich aber die gute Laune nicht verloren habe und das Krisenkochbuch schreibe.
Unabsichtlich treten wir zwei Schritte aufeinander zu. Starren tiefer in die Augen. Und hüpfen ein paar Schritte zurück. Langsam ziehen wir die Masken vom Gesicht. Schauen uns für einen Bruchteil von Sekunden schweigend an. Dann entschuldigen wir uns und jede geht zu ihrer Straßenbahn. War wirklich schön, mit jemand gefühlt eine dreiviertel Stunde zu tratschen, den ich noch nie gesehen habe.
Heute in Renates Krisenkochbuch: Da mir beim Einkaufen jetzt ein Wiesenhendl zugeflogen ist:
Grillhendl mit Risi-Bisi (Erbsenreis) und Gurkensalat
Ich nehme von meinen Vorräten:
- Grillhendl (roh, rund 1,5 kg)
- Reis
- Erbsen
- Salz, Pfeffer
- Brathendlgewürz
- Butter
- Gurke
- Knoblauch
Backofen auf 180 Grad Umluft vorheizen. Manche schwören auch auf 170 Grad Ober- und Unterhitze oder sogar 200 Grad.
Salz, Pfeffer, Brathendlgewürz vermischen.
Grillhendl waschen und mit der Gewürzmischung einreiben.
Das Hendl auf ein mit Rapsöl befettetes Blech legen oder in eine geeignete Form geben. Mit Butterflöckchen garnieren und in den Backofen schieben.
Je nach Größe dauert es ungefähr 45 - 90 Minuten. Dazwischen immer wieder mit eigenen Saft übergießen. Das Hendl ist fertig, wenn man in die Keule sticht und nur klarer Saft austritt.
Zum Ende hin kurz auf Oberhitze grillen, damit die Haut schön knusprig wird.
Zu Letzt das Hendl aus dem Ofen nehmen und für 10 Minuten rasten lassen. Meins ist etwas dünkler, da Chef doch noch länger arbeiten musste. Aber das macht nichts, wir lieben es ohnehin sehr knusprig.
Reis kochen: Reis waschen und gut abtropfen. In einem Topf mit 1-2 EL Butter andünsten, mit Wasser (1 Tasse Reis: 1 ½ Tassen Wasser, ich nehme meistens sogar 2 ½ Tassen) aufgießen. Salzen. Erbsen dazu geben. Einmal aufkochen lassen und dann rund 20 Minuten auf kleinster Flamme ausquellen lassen.
Natürlich passen auch Pommes, Braterdäpfel dazu. Ich mag auch oft nur eine Semmel dazu - das erinnert mich an die ganzen Brathendl, die wir auf diverse Feste schon gegessen haben.
Wer möchte, kann das Hendl auch mit einer Semmelfülle im Bauchinneren braten.
Gurkensalat: Salat ist prinzipiell Chefsache, da ich zu doof für die richtige Marinadenmischung bin. Da hat er ein wahres Händchen dafür. Aber Gurke-Knoblauch-Kümmel-Essig-Kernöl ist dabei, das weiß ich.
Mahlzeit. Bleibt gesund!
Wien, 24.04.2020
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