Chili con Carne
Nun ist der vierundfünfzigste offizielle Tag des Corona-Wahnsinns. Wir sind auf dem Weg zur neuen Normalität, sofern die Lockerungen keine neuerlichen Rückfallquoten hervorrufen. Ich schreibe Rezeptidee Nr. 92. Übrigens, seit 01.05. dürfen unsere Busse wieder rollen. Nächsten Freitag öffnet die Gastronomie ihre Türen und Schanigärten. Corona hat tiefe Spuren hinterlassen. Endlich kann die Zauberküche kalt bleiben. Mein Chef wird mich ausführen. Ganz edel, fein, romantisch, rustikal, bürgerlich, abgehoben, einfach, ausländisch, ... Unzählige Möglichkeiten stehen in unserer Großstadt zur Verfügung.
Derzeit werden noch unentwegt die Vorschriften wegen Corona abgeändert, dennoch stelle ich mir gerade unseren ersten gemeinsamen Restaurantbesuch vor:
Händchenhaltend, damit die Welt sieht, wir gehören zusammen, wohnen zusammen, lieben uns, bestückt mit unseren schönen Stoffmasken im Gesicht werden wir in unser vorreserviertes Lokal, zu unserem vorreservierten Zeitrahmen marschieren. Ein, mit Maske, in welcher Form auch immer, bestückter Kellner oder Kellnerin, wird uns wortlos entlang, der am Boden geklebten Markierungen zu unserem Platz führen. Ich fühle mich, wie bei unserer Führung letztens in einer großen Betriebsstätte, wo wir genau hinter den gelben Linien bleiben mussten, um nicht von rasenden Gabelstaplern, vorbeisausenden Mitarbeitern auf E-Scootern oder gar von zurückschiebenden LKWs erfasst zu werden.
Endlich am Platz angekommen, dürfen wir die Masken abnehmen und in zwei, uns vollkommen fremde, Augenpaare schauen. Fein, fremden Menschen aus nächster Nähe zu begegnen.
Eine Plastikspeisekarte in A4-Format wird vor uns desinfiziert und Chef gereicht. Der Herr darf sie halten. Ich nicht. Wurscht, er liest mir das gekürzte Angebot vor.
Wir bestellen. Schön gedeckt der Tisch. Ein Einmal-Tischset aus grauem Umweltschutzpapier, dazu eine knittrige, einfache Einmalserviette, die schon beim Hinschauen reißt. Ein Wunder, dass es noch wirkliches Besteck, Teller und Gläser gibt. Unser vis-a-vis starrt uns steif an. Er niest in seine Armbeuge. Zieht die Hand zurück. Niest nochmals. Diesmal quer über den Tisch. "Tschuldigung." Kein Problem, immerhin ist es ja erlaubt, dass wir zu viert am Tisch ohne Maske sitzen. Habe vollstes Verständnis, immerhin hantiert er gerade mit Messer und Gabel, wie hätte er da in die Armbeuge niesen sollen, ohne sich dabei Messer oder Gabel ins Auge zu rammen.
Ich muss aufs WC, erhebe mich und will los. Ich komme fünf Schritt, da steht mir ein Sicherheitsmann, der wie ein Außerirdischer aussieht, im Weg und pfaucht mich an: "Zurück, Maske holen!"
Oh, sorry, ich gehe rückwärts, versuche nirgends anzustoßen. Endlich. Maske ins Gesicht. Auf zum Klo, das wie so oft im Keller ist. Vom hellen Gastraum in den finsteren Abgrund, ich übersehe Stufe eins und platsch liege ich schon vor der Klotür. Aua, verdammt harte Landung. Die Tür geht auf, eine Frau kommt raus, sie wird ganz hektisch und nervös. Ich freue mich, vielleicht holt sie Hilfe, dürfte mir wehgetan haben. Sie fuchtelt herum, schreit ganz panisch. Bis ich endlich verstehe: "Maske aufsetzen. Verdammt Maske aufsetzen!" Erst jetzt merke ich, dass mir der Fetzen im Gesicht verrutscht ist. Er hat sich über meine Stirn geschoben.
Ich richte meine Maske gerade. Öffne meine Augen. Starre auf die Decke unseres Schlafzimmers. Oh, gott-sei-dank, war alles nur ein Albtraum, wenn auch mit Wahrheitscharakter....
Chili con Carne
Heute in Renates Krisenkochbuch:
- Faschiertes nach Wahl oder Rindfleisch in Würfeln. Wir hatten reines Rindfaschierts
- Mais (gehört normal dazu, aber Chef mag ihn nicht, also lasse ich ihn ausnahmsweise weg. Bin ja manchmal ein gutes Fraudi)
- Weiße Bohnen
- Kidneybohnen
- Dose geschälte Paradeiser
- Chili
- Paprikapulver
- Zwiebel
- Knoblauch
- Kreuzkümmel
- Lorbeerblatt
- Paprika
- Salz, Pfeffer
- Schokolade
Zwiebel, Knoblauch anrösten und das Fleisch dazugeben.
Kleiner Tipp: Wenn man Faschiertes einfriert, dann ganz flach drücken, dann kann man es gleich in den warmen Topf geben und so verarbeiten. Damit fällt das Auftauen weg, wo man Gefahr läuft, dass das Fleisch schlecht wird, da es durch die große Oberfläche sehr anfällig ist.
Die Paradeiser dazugeben. Mit Chili und Paprikapulver würzen. Lorbeerblatt dazu. Alles leicht köcheln lassen. Sodann Mais und die Bohnen dazu.
Ich wasche die Bohnen aus den Dosen immer ab, da ich den "Gatsch" nicht mag.
Für ca. 20 Minuten einkochen lassen.
Mit Salz, Pfeffer und Kreuzkümmel abschmecken.
Etwas Schokolade dazugeben und schmelzen lassen.
Den in Streifen geschnittenen Paprika dazu.
Etwas köcheln lassen.
Dazu essen wir gerne frische oder aufgebackene Semmeln oder Toastbrot. Ich mag auch gerne ein Knoblauchtoastbrot dazu - Butter in einer Pfanne anbraten, Brot dazu, Knoblauchscheiben dazu. Das Brot Farbe nehmen lassen.
Mahlzeit. Bleibt gesund!
Wien, 09.05.2020