Tiramisu
Nun ist der vierundzwanzigste offizielle Tag der Ausgehbeschränkung in Wien. Ich schreibe Rezept Nr. 52. Nachdem wir diese Woche schon Spaghetti Bolognese und Pizza hatten, raunzte mein Chef, ob wir denn keine italienische Nachspeise bekommen würden.
"Dann fahr doch nach Venedig", habe ich ihn wutentbrannt entgegengeworfen. Heute ist der Tag, wo mir dieses Scheiß Corona mehr wie auf die Nerven geht. Als Busunternehmerin sehe ich heuer überhaupt keine Chance mehr. Bereits seit Mitte März stehen unsere Busse und heute kommen die letzten Absagen. Bis Oktober sind wir komplett leer. Gut, sorry, aber ich kann auch nicht immer lustig sein.
"Sag mal, wie wäre es mit einem Tiramisu?", Chef lässt nicht locker. Eigentlich habe ich heute überhaupt keine Lust mehr in die Küche zu gehen. Null Bock zuzusagen.
Mein Handy läutet, Mama ist dran: "Juhu, mein Kind, Dein Chef hat gesagt, ihr schickt mir morgen kontaktlos ein Tiramisu. Ihr seid sooooooo lieb". Kurz darauf rufen zwei Freundinnen mit genau demselben Text an. Kaum aufgelegt, hängt ein Freund am Handy, "was Du machst ein Tiramisu?"
Irgendwann nehme ich meinem Chef sein Handy weg oder sperre die Whatsup-Funktion.
Während ich überlege, wie ich Tiramisu versandfertig machen kann, steht mein Chef hinter mir, legt ganz scheinheilig seinen Kopf auf meine Schulter, küsst mich auf die Wange und raunzt mir ins Ohr: "Gib es zu, aber Du brauchst heute so einen Seelenschmeichler. Gibst halt etwas mehr Eierlikör rein!"
Ok, die Eierlikörflasche ist leer. Ich habe dann Rum in den Kaffee gemischt. Und beflügelt drei Gläser Tiramisu zum Versand bereit gemacht. Es war zwar eine Spielerei, aber so gehen die Morgen sicher zu unseren Lieben. Und dann rufen wir uns alle an und löffeln gemeinsam am Markusplatz unser österreichisches Glastiramisu. Und ja, wir haben auch eines - ok, wir haben für Morgen nur noch die Hälfte. Aber mit geht es wieder gut. Danke Chef.
Daher gibt es heute in Renates Krisenkochbuch:
Tiramisu - vielfältiger kann keine Nachspeise sein
Ich nehme von meinen Vorräten:
Nun, ganz ehrlich, wenn man nach Tiramisu-Rezepten sucht, dann geht man in Informationen unter. Tiramisu, die wohl bekannteste Nachspeise aus Italien gibt es in unzähligen Varianten.
Als klassisch wird oft bezeichnet:
Zucker mit Eidotter so lange schlagen, bis sich der Zucker auflöst. Eine Vanilleschote auskratzen und das Mark in die Eidottermischung geben. Nach und nach löffelweise Mascarpone unterheben.
Espresso kochen und mit Rum vermischen. Biskotten kurz eintauchen, damit den Boden eines Gefäßes auslegen. Dann die Mascarpone-Ei-Mischung drüber. Wieder Biskotten. Wieder die Mascarpone-Ei-Mischung. Alles kalt stellen. Vor dem Servieren mit Kakao-Pulver bestreuen. Soweit so gut dazu.
Die einen schwören auf Weinbrand, Eierlikör oder Cognac statt Rum, die anderen nehmen lieber Orangen- oder Apfelsaft, da Kinder mitessen. Ich habe die Biskotten auch schon in dunkles Bier getaucht.
Wer es gerne fruchtig mag, kann allerlei Arten von Beeren (Himbeeren, Erdbeeren, Brombeeren,...) und Steinfrüchten (Kirschen, Pfirsiche, Marillen,...) einarbeiten. Ebenso gehen Bananen, Äpfel (als Apfelmus), Kürbis (als Kürbismus), Mandelmus, geriebene Nüsse, Maronicreme, ... Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Und so weiter und so fort.
Gut, ich kann momentan keine Eier mehr sehen, interessant wie oft Eier bei Rezepten vorkommen, daher habe ich mich für eine abgewandelte Form entschieden:
- Mascarpone
- Bio Bauerntopfen (Joghurt wäre auch eine Alternative)
- Staubzucker
- Vanillezucker
- Espresso
- Ein wenig Rum
- Biskotten
- Kakaopulver (etwas mit Zimt gemischt)
Mascarpone mit Topfen und Staubzucker sowie dem Vanillezucker vermischen.
Espresso kochen, Rum eingießen, Biskotten darin kurz tränken. Biskotten in ein Gefäß, die Mascarponenmasse darüber streichen. Wieder eine Lage getränkte Biskotten. Mit Mascarponenmasse abschließen. Kühl stellen.
Entweder macht man das Tiramisu in einer Schüssel, in einem tiefen Backblech oder in Gläsern. Auch hier ist dem Spieltrieb und der Phantasie kein Riegel vorgeschoben. Wer es z.B. in einer Form kalt werden lässt, könnte danach Tiramisu-Nockerl ausstechen. Sieht auch sehr hübsch aus.
Vor dem Servieren noch Kakaopulver darüber.
Mahlzeit. Bleibt gesund!
Wien, 09.04.2020